Radikale

Als freie Radikale bezeichnet man in der Chemie allgemein ein Molekül oder Atom, das ein ungepaartes Elektron besitzt. Derartige Spaltungen können durch hohe Temperaturen oder energiereiche Strahlung bei allen Molekülen erzwungen werden. Bei chemischen Reaktionen werden normalerweise Elektronenpaare übertragen. Weil die Elektronen der Atome bzw. Moleküle gern gepaart durch die Welt ziehen, sind Radikale bestrebt, sich bei ihrer Entstehung unmittelbar ein Elektron aus der Umgebung zu greifen. Dadurch sind sie äußerst reaktionsfreudig und verändern das nächste Atom oder Molekül, dessen sie habhaft werden können. Da sie dem betreffenden Partikel ein Elektron entziehen, machen sie dieses ebenfalls zum Radikal, womit eine Kettenreaktion in Gang kommt. Beenden kann eine solche Kettenreaktion ein anderes Molekül, das als Radikalfänger bezeichnet wird. Zu diesen gehören die Vitamine A, C und E sowie bestimmte Schutzenzyme. Diese Moleküle stellen sich sozusagen als Elektronengeber zur Verfügung, und die Kette bricht ab. Eine andere Möglichkeit ist die Reaktion zweier Radikale miteinander, wobei sich die beiden Moleküle zusammenlagern und fest verbinden.

Die Folge dieser Radikal-Aktion ist, dass die gekaperten Moleküle oder Atome in ihren Eigenschaften verändert werden. Da diese Abläufe in bestimmten Membranen der Zelle vor sich gehen, werden folglich die Zellmembranen geschädigt. Denn die Radikale reagieren vor allem mit den Fettstoffen, die einen wesentlichen Anteil der Membran selbst bilden (Membran-Lipide). Die Membran einer Zelle ist im Prinzip die „Haut“ der Zelle, die genau kontrolliert, welche Stoffe in die Zelle hinein und aus ihr heraus dürfen. Bei geschädigten Membran-Lipiden kann diese Funktion nicht mehr ausgeübt werden. So können unerwünschte Stoffe in die Zelle eindringen oder benötigte Substanzen am Eindringen gehindert werden. Bei starker Schädigung geht die Zelle zugrunde.

Radikalbildung ist einerseits ein natürlicher Vorgang beim normalen Stoffwechsel, der z. B. beim Fettabbau vorkommt. Bei einigen Stoffwechsel-Reaktionen werden Radikale sogar gebraucht. Zum Abfangen der Radikale müssen deshalb Schutzstoffe zur Verfügung stehen, weshalb wir z. B. die oben erwähnten Vitamine mit der Nahrung aufnehmen müssen. Künstlich erzeugte Radikale entstehen durch energiereiche, ionisierende Strahlung und auch, wie man seit einiger Zeit weiß, durch nicht-ionisierende Strahlung oder aus molekularem Sauerstoff (O2).

Beim Abbau von Fetten in den Zellen entstehen freie Sauerstoff-Radikale, diese holen sich ein Elektron von einem anderen Molekül, und zwar von Fettstoffen in der Zellmembran. Das Fettsäure-Radikal reagiert mit molekularem Sauerstoff zu einem Peroxy-Fettsäure-Radikal (Lipid-Peroxidation), das sich ein Elektron von einer anderen Fettsäure holt und es kommt zur oben beschriebenen Kettenreaktion, die durch Schutzstoffe abgebrochen wird.

Viele wichtige Herstellungsprozesse in der Chemie benutzen Radikale. Mit Radikalen können Verbindungen wie die chlorierten Kohlenwasserstoffe hergestellt werden, die sonst in der Natur nicht vorkommen und daher in der Umwelt praktisch nicht abgebaut werden ( Abbau, Persistenz). 

Autor: KATALYSE Institut

Veröffentlicht in Alphabetisch, Chemie & Prozesse, N - S, R, Weiteres / Sonstiges.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert