Theoriegeschichtliches: Am Beginn der neuzeitlichen Theoriebildung in der Ökonomie stand die physiokratische These der Produktivität der Natur.
Sie drückt aber lediglich eine Vorahnung der industriellen Ausbeutung der Natur im Gewande der landwirtschaftlichen Produktion aus. Mit der Vervielfältigung der industriellen Betätigungsweisen tritt daher in der ökonomischen Klassik die menschliche Schöpferkraft, die Arbeit, in den Mittelpunkt der Erklärung für das Entstehen ökonomischen Reichtums. Die natürlichen Bedingungen des Produzierens stellen in dieser Perspektive nur eine marginale Beschränkung dar, denn alles erscheint prinzipiell machbar. Diese natürlichen Beschränkungen werden in der neoklassischen Theorierichtung in der Folgezeit zu einem ganz anderen Weltbild verallgemeinert: hier sind alle verfügbaren Güter - egal ob natürlich gegeben oder menschlich produziert - unzureichend gegenüber den unbegrenzten Wünschen des Konsumenten; sie sind "knapp". Diese Knappheiten anzuzeigen und ihnen entsprechend die Güter optimal (um)zuverteilen, ist die Aufgabe der Preise bzw. des Marktes. In diesem bis heute vorherrschenden Theorierahmen wird auch die mit der neuzeitlichen Industrialisierungsdynamik verbundene Zerstörung der ökologischen Lebensgrundlagen behandelt.
Umweltökonomie: Grundlage der Umweltökonomie ist das Heranziehen von unterschiedlichen Instrumentarien der ökonomischen Analyse für die Bewältigung des Problems der "knapp" gewordenen Naturgüter. Denn durch die Nutzung dieser Güter wird das von dieser Theorierichtung bevorzugte Marktoptimum gestört. Hier wird zum einen auf das von A. Marshall aufgebrachte Konzept der "externen Effekte" zurückgegriffen: der Beobachtung, dass es jenseits des Marktgeschehens eine direkte Beeinflussung zwischen den Wirtschaftsakteuren gibt (sei es als direkte Schädigung, sei es als direkte Begünstigung). Um die dadurch entstehenden Verzerrungen zu beseitigen, müssen die externen Effekte wieder "internalisiert" werden: Die mit der Umweltnutzung verbundenen Schädigungen Dritter (Beispiel Gesundheitsschäden durch Emission spezieller Stoffe) müssen durch preisähnliche Regelungen direkt beim Verursacher dieser Schädigungen veranschlagt werden. Zum anderen müssen natürliche Güter, die privat verfügbar sind (Beispiel Erzvorrat im Boden), im Zeitverlauf einer Preissteigerung unterworfen werden, die für ihre Eigentümer Erträge erbringt, die mindestens der Kapitalverzinsung entspricht (Hotelling-Regel). Wenn diese Bedingung gegeben ist, liegt in der Sicht dieser Theorie eine optimale Nutzung der entsprechenden Ressourcen vor. Beide Problemkreise der Umweltökonomie hängen miteinander zusammen, wenn etwa die externen Schädigungen über einen längeren Zeitraum wirken oder wenn mit dem Abbau der privaten Ressource Schädigungen Dritter verbunden sind. Die Behandlung dieser komplexeren umweltökonomischen Probleme steckt aber noch in den Anfängen.
Ausblick: Während in der Umweltökonomie die Natur als ein (lineares) Gut aufgefaßt wird, weist die moderne Ökologie gerade darauf hin, daß die natürlichen Grundlagen des Wirtschaftens selbst ein Produktions- und Verteilungssystem darstellen, das nach eigenen (nichtlinearen) Gesetzmäßigkeiten funktioniert. Dem entspricht eine grundsätzliche Unsicherheit über die (ökonomischen)Folgen der menschlichen Nutzung dieser Grundlagen. Die Informationsbeschaffung und -verteilung wird also zu einer weiteren bisher kaum thematisierten Problemkomponente der Umweltnutzung. Diese "realen" Schwierigkeiten haben in zweifacher Hinsicht eine Öffnung des umweltökonomischen Horizonts zur Folge.
Autor: KATALYSE Institut