Acrylamid

Ende April 2002 hat die Schwedische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Swedish National Food Administration) Untersuchungsergebnisse zur Belastung von Lebensmitteln mit der im Tierversuch krebserregenden und erbgutschädigenden Substanz Acrylamid in Lebensmitteln veröffentlicht.

Schon vor über zwei Jahren hatten schwedische Wissenschaftler in einer internationalen anerkannten Fachzeitschrift einen Artikel veröffentlicht.

In der Untersuchung vom April 2002 wurden beispielsweise folgende Acrylamid-Konzentrationen in Lebensmittel gefunden: 2.300 µg/kg in Kartoffelchips, 1900 µg/kg in Knäckebrot, 1.100 µg/kg im Pommes frites und 60 µg/kg in Brot. Die Werte der schwedischen Lebensmittelbehörde wurden im Juni 2002 vom Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) bestätigt. Dort wurden beispielsweise Acrylamid-Konzentrationen in stark gebratenen Röstis von bis zu 4.500 µg/kg und bis zu 2.000 µg/kg in Pommes frites gefunden.

Vergleichswerte als Anhaltspunkte geben die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung und der Bedarfsgegenständeverordnung. Die Trinkwasserverordnung schreibt einen Grenzwert von 1 µg/kg vor, dieser ist allerdings als technischer Wert zu verstehen, da Acrylamid zur Trinkwasseraufbereitung eingesetzt wird und mit dem Grenzwert für eine weitgehend vollständige Entfernung dieser Substanz aus dem Trinkwasser gesorgt werden soll.

Acrylamid ist als Monomer ein "Baustein" der Kunststoffherstellung. Es kann daher in Lebensmittelverpackungen enthalten sein. Nach der Bedarfsgegenständeverordnung darf die Migration (Übergang) von Acrylamid in Lebensmitteln (bei einer Nachweisgrenze der Analysenmethode von 0,01 mg/kg) nicht nachweisbar sein.

Acrylamid ruft im Tierversuch Mutationen hervor. In Studien sind genotoxische Effekte in Somazellen und vererbte Keimzellmutationen nachgewiesen worden. Tierversuche haben gezeigt, dass Acrylamid krebserzeugend ist und die Häufigkeit von Tumoren in bestimmten Organen erhöht. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt deshalb eine Höchst-Aufnahmemenge von 1 µg/Tag nicht zu überschreiten. Bei der Risikogruppe der Kinder ist aufgrund der Präferenz dieser Ernährungsgruppe hinsichtlich des Verzehrs von Pommes frites und Kartoffelchips eine zehnfach höhere Aufnahme schnell erreicht.

Das Vorkommen von Acrylamid ist kein neues Problem, da der Mensch kohlenhydratreiche Lebensmittel schon lange grillt, backt, bratet oder frittiert. Durch eine verbesserte Analytikmethode wurde es möglich die genaue Belastungen in Lebensmitteln zu analysieren.

Betroffen sind v.a. kohlenhydratreiche Lebensmitteln, die in „trocknen“ Erhitzungsmethoden mit Temperaturen deutlich über 100 °C wie beim Backen, Grillen, Braten, Fritieren behandelt wurden. Wenig oder kein Acrylamid findet man in rohen Lebensmitteln oder Lebensmitteln, die in Wasser gekocht wurden.

Eine umfassende Risikobewertung für Acrylamid in Lebensmitteln liegt bis heute nicht vor, da u.a. über die Bildung von Acrylamid in Lebensmittel wenig bekannt ist und damit können auch keine Maßnahmen zur Verhinderung der Bildung ergriffen werden. Klar ist, das mögliche Risiko besteht nicht erst kurzfristig oder in den letzten Jahren, sondern ist quasi ein „Risikoprodukt“ der Entwicklungs- und Kulturgeschichte der Nahrungsmittelzubereitung.

Festzustellen bleibt, dass in Deutschland die Situation unbefriedigend ist, da bisher keine Daten über die Belastung von Lebensmittel mit Acrylamid vorliegen, obwohl die Ergebnisse aus Schweden seit Ende April bekannt sind. Somit kann eine Abschätzung einer möglichen Belastung der deutschen Bevölkerung nur anhand der schwedischen oder schweizerischen Daten vorgenommen werden. Daraus lassen sich aber keine spezifischen, sondern nur allgemeine (ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse) Verzehrsempfehlungen abgeleiten, die aber den Verbraucher nicht weiterhelfen.

Quellen:
Bundesinstitut für Verbraucherschutz und Veterinärwesen (BgVV)
Schweizer Bundesamt für Gesundheit
Britische Lebensmittelagentur (Foodstandard Agency)
Schwedische Behörde für Lebensmittelsicherheit

Autor: KATALYSE Institut

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