Sauerstoffbleiche

Chemischer Prozess der Entfärbung von Materialien wie Zellstoff und Textilien mittels aktiver Sauerstoffverbindungen als Bleichmittel, deren gemeinsames Merkmal eine direkte Sauerstoff-Sauerstoff-Verbindung ist (Perox oder Peroxyverbindungen), die stark oxidierend wirken und so Farbstoffe zerstören.

Diese hohe chemische Reaktivität macht man sich auch bei der Abtötung von Mikroorganismen aller Art zunutze. Per(oxy)verbindungen sind daher zugleich hochwirksame Desinfektionsmittel.
Die wichtigsten Vertreter sind:

  • Wasserstoffperoxid (H2O2), das u.a. zum Bleichen aller Arten von Naturfasern einschl. des menschlichen Haares verwandt wird.
  • Peressigsäure bleicht sehr wirksam auch bei niedrigen Temperaturen und wird intermediär im Waschprozeß aus perborat- oder percarbonathaltigen Flotten in Gegenwart eines Bleichaktivators (z.B. Tetraacetylethylendiamin [TAED]) gebildet. Peressigsäure ist ein sehr effektives Desinfektionsmittel, selbst in Konzentrationen von unter einem Promille, und wird als Alternative zur
    Chlorbleiche zur Desinfektion von Krankenhauswäsche eingesetzt. Nachteilig ist die Geruchsbelästigung und die Korrosivität. Peressigsäure ist stark hautreizend. Außerdem sind die Lösungen nicht stabil. Sie wird am besten „in situ“ aus H2O2 und Essigsäure hergestellt.
  • Kaliumpersulfat ist eine anorganische Peroxoverbindung (exakt: Kaliumperoxodisulfat), welche auch bei niedrigen Temperaturen wirkt und daher gerne in bleichenden Scheuermitteln (Pulvern) oder zur Desinfektion eingesetzt wird.
  • Natriumpercarbonat ist strenggenommen eine Anlagerung von H2O2 an gewöhnliche Soda und wird zunehmend als Bleichmittel für Textilien eingesetzt. Wegen der vergleichsweise lockeren Bindung des Wasserstoffperoxids verträgt es sich nicht mit bestimmten Waschmittelinhaltsstoffen und kann daher nicht in Vollwaschmitteln (Waschmittel) eingesetzt werden. Es ist aber das vorherrschende Bleichmittel in Fleckensalzen und Bleichkomponenten von Baukastenwaschmitteln.
  • Natriumperborat ist im Gegensatz zu Perkarbonat ein echtes Peroxoborat und keine bloße Anlagerung von H2O2. Es ist daher deutlich stabiler und entfaltet seine optimale Bleichwirkung erst bei ca. 80°C. Für die heute vorherrschenden Niedertemperaturwaschverfahren muss dieses Bleichmittel mit einem Bleichmittelaktivator umgesetzt werden. Dazu wird in Europa fast ausschließlich TAED verwandt, eine Verbindung, die leicht biologisch abbaubar ist. Gleiches gilt für ihr Folgeprodukt im Prozess der Bleichaktivierung, das DAED. TAED wirkt kaum giftig gegen Fische (LC50 > 1.600 mg/Liter) und ist damit einer der unproblematischsten Bestandteile in Waschmitteln.

Das gilt ganz und gar nicht für die dritte Komponente eines Sauerstoffbleichsystems, die Bleichstabilisatoren. Peroxoverbindungen sind mehr oder weniger instabil, insb. Spuren von Schwermetallen können den Zerfall dramatisch beschleunigen. Aus diesem Grund werden zur Stabilisierung der S. häufig Komplexbildner beigefügt, welche die störenden Schwermetalle binden sollen. Lange Zeit wurde dazu auch in Waschmitteln das umstrittene EDTA benutzt. Wegen ökologischer Bedenken ist inzwischen EDTA in deutschen Waschmitteln durch Phosphonate ersetzt worden, die aber ebenfalls nicht unproblematisch sind. Bleichstabilisatoren wären Magnesiumsilikat und bestimmte natürliche Eiweißstoffe.

Zusammenfassend lässt sich sagen, die S. ist ein hochwirksames und im Vergleich zur konkurrierenden
Chlorbleiche deutlich umweltverträglicheres Bleichsystem, von den (vermeidbaren) Stabilisatoren EDTA und Phosphonat einmal abgesehen. H2O2 zerfällt zu schlichtem Wasser, Peressigsäure zur unproblematischen Essigsäure und die Persalze zu Salzen, die nur eine geringe Abwasserbelastung darstellen. Einziger Streitfall ist das Perborat. Hierzu gibt es widersprüchliche Aussagen bezüglich der aquatischen Toxizität. Unbestritten ist, dass Borate, die nach dem Bleichprozess aus den Perboraten entstehen, von Kläranlagen überhaupt nicht zurückgehalten werden können, also vollständig im Vorfluter erscheinen. Dort behält das Borat seine hohe Mobilität. Die Borat-Gehalte werden geradezu als Indikator für das Ausmaß der Gewässerbelastung durch den Menschen angesehen.

Mit der Alternative Percarbonat liegt man in jedem Fall auf der sicheren Seite. Dabei ist sowohl in den deutschen Umweltzeichen-Kriterien für Baukastenwaschmittel als auch im österreichischen Entwurf das Perborat als nicht akzeptabler Inhaltsstoff ausgeschlossen. Siehe auch Zellstoffbleiche.

 

 

Autor: KATALYSE Institut

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