Lost

L. gehört zu den halogenierten Thioethern, in dem der Brückensauerstoff durch ein Schwefelatom ersetzt wurde. Chemische Bezeichnung: 2,2-Dichlordiethylsulfid.

Senfgas stellte vor allem im 1. Weltkrieg einen besonders effektiven Kampfstoff dar, da er seine Wirkung nicht nur über die Atemwege entfaltete, sondern der Eintritt auch über die Haut erfolgte. Senfgas ist gut fettlöslich und dringt innerhalb von Minuten über die Haut in den Organismus ein. Daher wird es auch als Kontaktgiftbezeichnet.

Die Wirkung von Lost besteht in einer Schädigung der DNA, wodurch es zu einer Hemmung der Zellteilung kommt. Neben anderen Wirkungen blockiert das L. daher eine Reihe von Enzymen in der Haut und hemmt die Bildung der weißen Blutkörperchen. Die daraus folgenden Schäden sind schwere Entzündungen und schwer heilende Wunden auf der Haut, "ähnlich" wie bei Verbrennungen mit großen Blasen. Diese Blasen vergrößern sich zu riesigen, bis zu 30 cm großen Brandblasen. Später kommt es zu Schädigungen der oberen Atemwege und der Lunge, des Nervensystems sowie des Kreislaufsystems.

Aufgrund der Hemmung der weißen Blutkörperchen führen ansonsten eher harmlose Infektionen zu schweren Erkrankungen. Es kann auch zu schweren Schäden an den Augen kommen. Die Wirkung setzt aber nicht sofort ein, sondern erst mit Latenzzeiten in der Größenordnung von Stunden, und außer einer leichten Reizung der Augen und des Rachens sind oft anfangs keine weiteren Symptome zu spüren. Nach einigen Stunden aber beginnen dann unerträgliche Augenschmerzen, begleitet von starker Übelkeit. Sofern das Gas direkt in die Lunge gelangt, sind schwere Atembeschwerden mit Erstickungsanfällen, blutigem bzw. flüssigem Ausfluss bis hin zum Tod die Folge. In der Lunge und der Luftröhre löst sich die Schleimhaut ab. Bei Verstorbenen wog beispielsweise die Lunge das Doppelte ihres Normalgewichts, ebenso das Herz.

L. kann in flüssigem oder gasförmigem Zustand eingesetzt werden. Das Kampfmittel kann aber auch mittels Flugzeugen über bestimmten Gebieten versprüht werden. Es kann mittels Bomben abgeworfen oder in Granaten verschossen werden.

L. wird nach den beiden deutschen Chemikern Lommel und Steinberg, die an dessen Entwicklung maßgeblich beteiligt waren, auch als Lost bezeichnet.
L. wurde bereits in 1. Weltkrieg im größerem Umfang als Kampfgas, und zwar das erste Mal in der Nacht vom 12. zum 13. Juli des Jahres 1917 in Ypern, im heutigen Belgien, von deutschen Truppen eingesetzt. Da die mit dem Gas gefüllten Granaten damals mit einem gelben Kreuz gekennzeichnet waren, hat sich bis heute auch die Bezeichnung Gelbkreuz eingebürgert. Einen zweifelhaften Ruf erlangte das Senfgasauch im Krieg der Italiener gegen Äthiopien. Durch den Einsatz des Giftgases im Jahr 1936 in Mikale wurden die Äthiopier entscheidend besiegt und Tausende der völlig ungeschützten Menschen verstarben ohne jede Hilfe einen qualvollen Tod.

Im 2. Weltkrieg wurden auf allen Seiten der kriegsführenden Parteien große Bestände dieses Kampfstoffs angelegt, kamen jedoch nie zum Einsatz. Große Mengen der deutschen Bestände wurden von den Alliierten in der Ostsee, u.a. in der Nähe der dänischen Insel Bornholm sowie im Skagerak versenkt.

siehe auch Stichwörter Senfgas und Hautkampfstoffe

 

 

Autor: KATALYSE Institut

Veröffentlicht in Alphabetisch, L, Substanzen & Werkstoffe.

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